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Mit Teilqualifikation zum Berufsabschluss

Natalie Hofeditz

© IHK Arnsberg, Hellweg - Sauerland

„Das würde ich jederzeit wieder machen“, sagt Natalie Hofeditz. Nachdem die 37-Jährige vor 20 Jahren eine Ausbildung abbrechen musste, stand sie im Juni kurz vor ihrer Abschlussprüfung zur Maschinen- und Anlagenführerin. Unterstützt wurde sie von ihrem Arbeitgeber: Das Unternehmen Schrichten GmbH Kunststoff-Technik in Schmallenberg hat die Möglichkeit genutzt, die Produktionshelferin über die IHK-Teilqualifizierung weiter zu qualifizieren – bis hin zur abgeschlossenen Berufsausbildung.

2019 hatte Natalie Hofeditz zum ersten Mal Kontakt zu dem Schmallenberger Unternehmen – damals noch mit dem Wunsch, eine Ausbildung zur Verfahrensmechanikerin Kunststoff- und Kautschuktechnik beginnen zu können. Das, sagt Natalie Hofeditz, sei dann aber aus finanziellen Gründen doch nicht für sie infrage gekommen. Stattdessen eröffnete sich eine andere Chance für sie in dem Betrieb: Die gebürtige Siegenerin wurde als Produktionshelferin angestellt und bekam das Angebot, sich über Teilqualifizierung weiterzubilden bis hin zur Maschinen- und Anlagenführerin. Davon profitieren beide Seiten.

Über Teilqualifikationen im kaufmännischen oder technischen Bereich bekommen langjährige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einem Unternehmen oder auch arbeitsuchende Menschen ohne Berufsausbildung eine gute Möglichkeit der Nachqualifizierung, verbunden mit dem langfristigen Ziel, einen anerkannten Berufsabschluss zu erwerben. Die Teilnehmer absolvieren dabei einen Baustein nach dem anderen.

Für Unternehmen auf der anderen Seite wird es im Hinblick auf den demografischen Wandel zunehmend schwieriger, Fachkräfte anzuwerben. Einfacher und effizienter ist es hingegen in der Regel, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Potenzial im eigenen Betrieb zu fördern.

„Wir spüren schon seit einiger Zeit, dass es schwieriger wird, Fachkräfte zu gewinnen“, berichtet Florian Schauerte, Projektmanager bei Schrichten. Und selbst wenn man neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren könne, müsse man sie doch im Betrieb für den eigenen Bedarf erst anlernen. „Deshalb setzen wir lieber auf die Ausbildung eigener Fachkräfte beziehungsweise auf die Weiterqualifizierung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Florian Schauerte.

Seit 50 Jahren stellt das Schmallenberger Unternehmen technische Kunststoffteile her und beliefert hauptsächlich die Automobilindustrie – und das weltweit. „Rund ein Drittel unserer Produkte gehen ins Ausland“, berichtet Florian Schauerte. „Wichtige Märkte für uns sind unter anderem die USA, Mexiko, China und Indien.“ Insgesamt 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen am Standort in Schmallenberg.

Mit der Teilqualifizierung hat das Unternehmen bereits gute Erfahrungen gesammelt: „Wir haben bereits mehrere Mitarbeiter über diesen Weg weitergebildet“, sagt Carsten Haupt, stellvertretender Produktionsleiter. Wenn Natalie Hofeditz ihre Abschlussprüfungen bestanden habe, sei man mit ihr als zusätzliche Maschinen- und Anlagenführerin in dem 3-Schichten-Betrieb gut aufgestellt. „Außerdem möchten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an der Teilqualifizierung teilnehmen, etwas Attraktives in Aussicht stellen: Nämlich den Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung“, betont Haupt.

Für Natalie Hofeditz geht damit ein großer Wunsch in Erfüllung. Denn nachdem die 37-Jährige aufgrund einer Schwangerschaft mit 17 Jahren ihre Ausbildung zur Kfz-Mechanikerin abbrechen musste, war von einer abgeschlossenen Berufsausbildung lange Zeit nichts in Sicht. Sie heiratete, bekam eine zweite Tochter und jobbte nebenbei in der Gastronomie. Nach ihrer Scheidung wurde es beruflich und finanziell nicht einfacher. Schließlich zog sie mit ihren Kinder 2017 nach Bad Berleburg und begann 2019 bei der Schrichten GmbH zu arbeiten. Als Produktionshelferin ist sie zuständig für die Qualitätskontrolle, das Abräumen und Bedienen der Maschinen, das Betreuen der Montageanlagen, Nacharbeiten und Sortierarbeiten. Während der Teilqualifizierung hat sie gelernt, eigenständig kleinere Wartungsarbeiten an Maschinen durchzuführen und unterstützt die Instandhaltung bei Reparaturarbeiten. „Ich bin hier wirklich sehr gut angelernt worden“, sagt Natalie Hofeditz und man merkt ihr den Spaß an ihrer Arbeit an: „Ich liebe es, mir die Hände schmutzig zu machen und an Maschinen herumzuschrauben. Die Teilqualifizierung hat mir nun das dafür nötige Fachwissen vermittelt“, sagt sie.

Etwas schwerer ist ihr da schon die Theorie gefallen: Während der Teilqualifizierung ist sie einmal in der Woche zum theoretischen Unterreicht nach Arnsberg gefahren. „Es war nicht leicht, nach 21 Jahren wieder zur Schule zu gehen“, sagt Natalie Hofeditz. „Und die technische Mathematik ist mir nicht gerade leichtgefallen.“ Aber davon hat sie sich nicht unterkriegen lassen und träumt bereits von weiteren Weiterbildungen. „Ich würde später gerne noch Lehrgänge in den Bereichen Pneumatik und Hydraulik belegen, das interessiert mich sehr“, erzählt sie. „Und wer weiß: Es ist ja auch möglich, dass ich nach meinem Ausbildungsabschluss zur Maschinen- und Anlagenführerin noch die Weiterbildung zur Industriemeisterin anschließe.“